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SC Herisau: Kaum ein Verein in 1. Liga hat eigenen Fanclub (de herisauer, 02/2022)

Für den Spielbetrieb und den Erfolg des Schlittschuh-Clubs Herisau (SC Herisau) sind nicht nur die Spieler auf dem Eis ausschlaggebend. Für die richtigen Rahmenbedingungen ist der Vorstand zuständig, für die finanzielle und emotionale Unterstützung sorgen Sponsoren, diverse Partner sowie der Fanclub.
 
Aktuell hat der SC Herisau rund 200 Mitglieder – etwa drei Viertel davon verbringen den Grossteil ihrer Vereinszeit auf dem Eis. Dies ermöglicht das restliche Viertel, welches meist im Hintergrund agiert. Dazu gehören die Trainer, welche vom Verein angestellt sind, aber auch diverse freiwillige Helfer*innen, welche den SC Herisau unterstützen. Der Vereinsvorstand ermöglicht, dass der Spielbetrieb mit den zur Verfügung stehenden Mitteln aufrechterhalten werden kann. Bis 2018 setzte sich der Vorstand aus vier bis fünf Personen zusammen, seither sind es zwei mehr. Aktuell sind dies: Präsident Dario Heinrich, Fabian Brägger (Spielbetrieb), Christine Eugster (Events), Aktuar Urs Kellenberger, Kassier Oliver Schmid, Roger Schuchter (Marketing und Sponsoring) sowie Yannick Widmer, der sich um die Lizenzen kümmert. Im Nachhinein sei die Erweiterung des Vorstands der einzig logische Schritt zur Professionalisierung des Vereins gewesen, sagt Dario Heinrich. Als sechsjähriger Junge tritt Heinrich 1997 dem Nachwuchs des SC Herisau bei. 2014 erhält er als Sportchef erste Einblicke in den Vereinshintergrund, 2018 tritt er die Nachfolge von Markus Bachschmied als Vereinspräsidenten an. Mit 27 Jahren ist er zu diesem Zeitpunkt der jüngste Präsident unter den Erst-Ligisten des Schweizer Eishockeys. Eine seiner ersten Amtshandlungen ist eine neue Aufgabenverteilung innerhalb des Vorstands. «Als ich das Amt übernahm, bemerkte ich, dass der Vorstand für die verschiedenen Vereinsaufgaben schlicht zu klein war. Deshalb entschieden wir die Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen und die Ressourcen der einzelnen Vorstandsmitglieder gezielt zu nutzen.» Durch die Umverteilung sollten diverse Mitglieder entlastet werden und den Spass an ihrem ehrenamtlichen Einsatz nicht verlieren. Jetzt sei jeder Bereich in der Verantwortung einer Person, was die Vereinsarbeit effizienter mache. Auch die restlichen Aufgaben seien klar verteilt und definiert. So etwa jene des Sportchefs, welcher selber nicht dem Vorstand angehört.
 
Fokus auf Nachwuchsförderung
Die Ausbildung des Nachwuchses hat sich der Verein seit Jahrzehnten dick auf die Fahne geschrieben. Eine der grösseren Herausforderungen sei es, den in den letzten Jahren stetig gestiegenen Anforderungen von Kinder, Eltern wie auch Trainern gerecht zu werden. «Vor 20 Jahren hatte der Trainer auf dem Eis das Sagen. Mittlerweile sind es oft die Kinder und ihre Eltern, welche ganz klare Erwartungen an den Verein stellen.» Dies sei weder eine positive, noch negative Entwicklung. Dennoch müsse sich der SC Herisau den Umständen anpassen, was nicht immer einfach sei. In der Schweiz gehören nur die oberen zwei Ligen den Profiligen an. Für Dario Heinrich ist klar: «Wir sind ein Ausbildungsverein und möchten unseren Nachwuchs fördern. Die daraus hervorgegangenen Eishockeykarrieren zeigen, dass unser Niveau hoch ist. Dieses möchten wir beibehalten.» Kinder des SC Herisau, die zu einem späteren Zeitpunkt ihre Ausbildung bei einem grösseren Verein fortsetzen, würden selbstverständlich unterstützt. Während diese Wechsel früher im Alter von 17 oder 18 Jahren erfolgten, beträfe dies heute bereits 13- und 14-Jährige. «Uns ist bewusst, dass es für einen Amateurverein bei steigender Leistung schwierig wird, die Trainingsqualität zu gewährleisten. Und falls unsere Spieler bei einem anderen Club den Sprung zum Profi nicht schaffen, freuen wir uns sehr, wenn sie zurück nach Hause kommen und für uns spielen.»
 
Erste Mannschaft hat Vorbildfunktion
Und welche Bedeutung hat die erste Mannschaft des SC Herisau? Laut Heinrich eine grosse, auch wenn sich der Fokus in finanzieller Hinsicht eher auf den Nachwuchs richte. Er ist sich jedoch sicher, dass sich der Stellenwert nicht über das Finanzielle definiere. «Für viele Kinder aus dem Nachwuchs sind die Spieler der ersten Mannschaft die eigentlichen Stars und ihre Vorbilder.» Damit der ganze Spielbetrieb klappt, ist auch der SC Herisau auf Sponsoren und Partner angewiesen. Aktuell kann sich der Verein auf rund 60 Sponsoren verlassen. Dazu kommen der Club 42 und der Gönnerverein. Auf der emotionalen Ebene unterstützt der Fanclub.
 
Eigener Fanclub für SC Herisau
Am 24. September 1982 gründen rund vierzig Personen im Hotel Landhaus den offiziellen Fanclub des SC Herisau. Damals beträgt der Mitgliederbeitrag 30 Franken – mittlerweile ist er auf 60 Franken angestiegen. Hauptzweck des Vereins ist es, den SC Herisau bei seinen Heim- und Auswärtsspielen mit Fahnen, Trommeln und Jubel zu unterstützen. Um die An- und Heimreise bei Auswärtsspielen zu gewährleisten, wurde damals sogar ein eigener Fan-Bus angeschafft. Ein Fanclub-Mitglied, das fast seit Beginn dabei ist, ist Markus Haltiner. 1985 tritt der gebürtige St. Galler dem Verein bei, nachdem ihn Freunde zu einem Heimspiel des SC Herisau mitnehmen. Obwohl der SC Herisau das Spiel gegen Servette verliert und von der Nationalliga B in die dritthöchste Spielklasse, die erste Liga, absteigt, ist Haltiner sofort begeistert. «Die Stimmung und der Zusammenhalt in der Eishalle waren unglaublich. Von da an besuchte ich wenn möglich jedes Spiel der Herisauer.» Er beginnt sich für den Fanclub zu engagieren, übernimmt 1990 für acht Jahre das Präsidium des Vereins. Auch auf sein Privatleben hat der Fanclub Einfluss. Seine heutige Ehefrau lernt er auf der Heimfahrt eines Auswärtsspiels in Martigny 1996 kennen, 2014 zieht das Ehepaar von St. Gallen nach Herisau. Aktuell gehören dem Fanclub 30 Mitglieder an, der Altersdurchschnitt liegt bei rund 40 Jahren. Unter ihnen befinden sich Gelegenheitsbesucher, nostalgische Fans, Spielerfrauen, Nachwuchseltern sowie ehemalige Spieler. Hockey ist eine gemeinsame Leidenschaft – aber nicht die einzige Möglichkeit sich zu treffen. So gehören der Sommerhöck, der Chlausabend oder auch der Kegelabend zu den Höhepunkten des Fanclub-Jahres.
 
In guten wie in schlechten Zeiten
Bis vor einigen Jahren engagierte sich der Fanclub mehrmals für Vereinsanlässe des Clubs. Dabei erinnert sich Markus Haltiner gerne an die 700-Jahr-Jubiläumsfeier der Schweiz zurück. Damals habe der Fanclub bei einer Veranstaltung des SC Herisau das gesamte Casino bewirtet. Auch die Fanartikel waren in den ersten Jahren Sache des Fanclubs. Später hat der SC Herisau den Vertrieb der Fanartikel übernommen, um seine Vereinskasse aufzubessern. Der Fanclub habe mit dem SC Herisau schon manche Auf und Abs durchlebt. «Als der SC Herisau in finanzielle Schwierigkeiten geriet, war dies für den Fanclub schon hart. Durch den daraus resultierenden Abstieg, verlor das Eishockey an Attraktivität und Fans.» Für Haltiner sei es jedoch nie eine Option gewesen, dem Verein den Rücken zu kehren. Dafür habe er zu viel in den Fanclub investiert. Zudem ist er der festen Überzeugung, dass man auch in schwierigen Zeiten zu seinem Club halten sollte. Markus Haltiner ist froh und stolz, dass der Fanclub noch existiert. «Die meisten Vereine in der ersten Liga haben keinen eigenen Fanclub.» Darauf ist auch Dario Heinrich stolz. «Unser Verein schätzt es sehr, dass auch bei auswärtigen Matchs eine Gruppe von Fans extra mit ihrem Car anreist, um uns zu unterstützen.»
 
Helena Städler