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Nachwuchs des SC Herisau: "Eine gute Lebensschule" (de herisauer, 01/2022)

Der Nachwuchs des Schlittschuh-Clubs Herisau hat so manch ein Talent hervorgebracht. Aktuell umfasst er gemeinsam mit der Hockeyschule rund 130 Kinder und Jugendliche. Der zweite Teil der Serie «Ufem Iis» befasst sich mit den jungen Spieler*innen und ihren Trainern.
 
Spätestens als Hans-Rudolf Merz 1970 das Präsidiums des SC Herisau übernimmt (siehe Dezember-Ausgabe), wird die Nachwuchsförderung des Vereins an oberste Stelle gesetzt. Im Laufe der Jahre bringt diese Abteilung so einige Hockeygrössen hervor, wie beispielsweise Jörg Eberle, Jonas Hiller oder Timo Meier. Seit 2009 führt der Verein zusätzlich die Hockeyschule, die ab dem vierten Lebensjahr besucht werden kann. Dank dieser Förderung spielt Herisau mit dem zweitältesten Nachwuchsteam in der zweithöchsten Liga. Diese Entwicklung führt aber auch vermehrt dazu, dass talentierte Spieler von anderen Vereinen abgeworben werden. Durch diese Abwanderungen nimmt nicht nur die Leistungsdichte ab, auch fehlen der künftigen ersten Mannschaft die Eigengewächse. Aktuell zählt der Verein zwischen der U9 und U20 sechs verschiedene Teams, in denen rund 100 Kinder und Jugendliche spielen. Fehlende Hockeyaner sind bereits bei den älteren Nachwuchsteams spürbar. Dies führe vor allem bei Matches zu Engpässen, sagt Marco Capaul, Nachwuchschef des SC Herisau. «Oft muss ich einfach die Spieler einsetzen, die ich habe. Es kann vorkommen, dass ich manchmal nur zwei Blöcke* zur Verfügung habe.» Die Abwanderung talentierter Hockeyaner sei für den Verein zwar sehr schade, aber verständlich Gleichzeitig relativiert er: «Es ist nicht das primäre Ziel des SC-Herisaus seinen Nachwuchs zu Profi-Sportlern auszubilden.» Dafür sei der Verein zu klein. Marco Capaul weiss, wovon er spricht, ist er selber doch seit seiner Kindheit auf dem Eis unterwegs. Als Kind und Jugendlicher spielt er im Nachwuchs des Eishockeyclubs Chur (EHC). In der Saison 94/95 wechselt er für ein Jahr zu Lugano und danach zum SC Rapperswil- Jona. Dort bleibt er elf Jahre, danach zieht es ihn wieder zurück in seine Heimat. 2007 beendet er verletzungsbedingt seine Spielerkarriere, beginnt für den EHC Traineraufgaben wahrzunehmen. 2014 übernimmt er vollamtlich das Amt des Nachwuchschefs in Chur. Seit Juli 2021 führt er in einem 60 Prozent-Pensum den kompletten Nachwuchs des SC Herisau. Er ist für die Ausrichtung und Absprache der Stufen verantwortlich und trainiert die U17 sowie die U20. Auch bei den jüngeren Teams ist Capaul manchmal auf dem Eis anzutreffen. Für den 49-Jährigen ist klar, Eishockey ist eine gute Lebensschule. «Es geht nicht nur darum, Profispieler zu werden, sondern seine Freizeit sinnvoll zu gestalten. Während die Kinder und Jugendlichen Spass haben, lernen sie gleichzeitig Verantwortung zu übernehmen, Disziplin und die Zusammenarbeit im Team.»
 
Stolze Nachwuchsspieler
Dass das Spiel auf dem Eis auch mit Arbeit verbunden ist, lernen auch die Brüder Nico, 10 Jahre, und Luca Hartmann, 12 Jahre. Mehrere Jahre lang ist es ihr Wunsch, Eishockey auch im Verein spielen zu dürfen. Ihr Wunsch erfüllt sich, als beide als Quereinsteiger vergangenen März der Nachwuchsriege beitreten und aktuell ihre erste Saison auf dem Eis spielen. Für beide eine neue Situation, die mit viel Training, aber auch Spass verbunden ist. «Als wir das erste Mal mit der kompletten Ausrüstung und dem Trikot auf dem Eis standen, war das ein sehr tolles Gefühl. Zudem haben wir viele neue Freunde kennengelernt», sagt Luca Hartmann. Bei beiden Jungen stehe nicht der Erfolg, sondern der Spass an der Sportart im Vordergrund. Dennoch sei es toll, dass sie immer wieder Fortschritte machen würden. Auch der Teamzusammenhalt und das regelmässige gemeinsame Spielen bereite ihnen Freude. Aktuell trainieren beide unter der Woche jeweils zweimal. An den Wochenenden kommen zusätzlich Matches dazu. Dies sei nicht nur für die Kinder, sondern für die ganzen Familie sehr zeitintensiv. «Pro Woche investieren wir mit den Fahrten und ohne Matches durchschnittlich drei bis vier Stunden. Da kommt es schon mal vor, dass man die eigenen Pläne oder den Beruf etwas zurückstecken muss», sagt Sandra Hartmann, Mutter der beiden Spieler. Dementsprechend wachse auch der Zusammenhalt unter den Müttern und Väter. So gäbe es beispielsweise Fahrgemeinschaften, bei denen sich die Eltern abwechseln würden. Der Aufwand würde sich für ihre Familie jedoch allemal lohnen, sagt Sandra Hartmann. «Obwohl meine Jungen mit den Trainings völlig ausgelastet sind, lieben sie das Eishockey.» Die Freude zum Hobby färbt auch auf ihre vierjährige Schwester Lara ab. Seit vergangenen Oktober besucht sie einmal wöchentlich die Eishockeyschule. Dort lernt sie erste Schlittschuhtechniken und macht sich mit Stock und Puck vertraut. Mit Erfolg. Ganz nach dem Vorbild ihrer älteren Brüder, ist auch sie wacker auf dem Eisfeld unterwegs. «Sie wird bestimmt ein Profi, weil sie so jung angefangen hat», sagt Nico stolz. Mit sieben Jahren besteht dann die Chance, in das jüngste Nachwuchsteam, die U9, zu kommen. Bis zur U17 sind gemischte Teams möglich. Laut Capaul werden sie danach aufgrund der physischen Voraussetzungen in Frauen- und Männer-Teams gesplittet. Im SC Herisau besteht aktuell keine Frauenmannschaft. «Viele Eishockey-Frauen gehen früh ins Ausland, weil ihre Perspektiven dort besser sind», sagt Marco Capaul. Aktuell spielen zehn Mädchen im SC Herisau-Nachwuchs, beziehungsweise in der Hockeyschule.
 
Verschiedene Trainingsphilosophien
Obwohl der Spass am Training nicht fehlen dürfe, sollen die Hockeyaner in ihrer Zeit im Nachwuchs so viel wie möglich lernen. Deshalb unterstehen die Trainings diversen Philosophien. «In der U9 geht es um die Spieler* innen und das Eis. Sie lernen mit ihren Schlittschuhen besser umzugehen.» Die U11 steht unter dem Motto «Ich und der Puck», jenes der U13 lautet «Ich und der Mitspieler». Ab diesem Zeitpunkt beginne der Teamaufbau. In der U15 spiele dann die Leistungsentwicklung zunehmend eine Rolle, welche dann in der U17 und U20 ausgebaut werde. Im Sommer wird der Körper mittels Ausdauer, Kraft und Koordination auf den Winter vorbereitet. Im Winter fokussiert sich Capaul bei den Trainings vorwiegend auf technische Elemente, wie das Führen des Pucks, das Schiessen oder Passen sowie das Schlittschuhlaufen selbst. Aktuell trainieren alle Mannschaften jeweils zweimal. Obwohl die Zahl der wöchentlichen Trainings mit dem Alter steigen sollte, sei dies aktuell nicht möglich. «Die älteren Mannschaften leiden bereits an zu wenigen Hockeyaner. Ich bin auf jeden Einzelnen angewiesen. Würde ich die Trainingsanzahl steigern, könnte ich einige Spieler verlieren.» Gerade im Jugendalter würden sich die Prioritäten der Spieler oft verschieben – nebst schulischen und beruflichen Anforderungen, würde nebst dem Sport auch anderes wichtig, wie etwa der Ausgang mit Gleichaltrigen.
 
Nur die wenigsten werden Profi
Obwohl die Profi-Ausbildung des Nachwuchses nicht an oberster Stelle stehe, hat es so manch ein SC Herisau-Spieler national sowie international in die besten Teams geschafft. Und auch jetzt könne der Verein einige junge Talente vorweisen. «In der U13 haben wir aktuell einige Hockeyaner, die sehr gut sind.» Ob es für eine Profikarriere reiche, könne Capaul zu jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Neben der nötigen Leistung sei auch immer eine Portion Glück nötig, um bei den Besten mitspielen zu können. Eine Profikarriere dürfe jedoch nicht der einzige Ansporn sein, weshalb die Kinder Eishockey spielen würden. «In erster Linie geht es doch darum, dass die Kinder sich sportlich betätigen und neue Freunde kennenzulernen.» Dem stimmen auch Nico und Luca zu. «Ich möchte einfach mit meinen Freunden Eishockey spielen. Natürlich ist es toll, wenn wir ein Spiel gewinnen, aber für mich steht das Zusammenspielen im Vordergrund.» Dies zeigt sich auch in ihrer Freizeit. Obwohl neben Schule und Trainings nicht viel davon übrig bleibt, sind sie in fast jeder freien Minute auf dem Eis. Mit den neugewonnen Freunden und ihrer Schwester wird nicht nur fleissig trainiert, sondern anschliessend auch den Eltern die neusten Tricks gezeigt.
 
Helena Städler

*Eine Mannschaft besteht normalerweise aus bis zu 22 Spielern. Während des Spiels dürfen pro Mannschaft maximal sechs Spieler gleichzeitig auf dem Eis sein – meist handelt es sich dabei um fünf Feldspieler und einen Torwart. Da es während dem Spiel ständig Wechsel gibt, werden Blöcke – bestehend aus fünf Spielern – eingesetzt. Beim Spiel wird dann meist nicht der einzelne Spieler, sondern jeweils der ganze Block ausgetauscht.